Sonntag, 31. August 2014

Hoffnungsschimmer am trostlosen Himmel

 Manchmal schien alles so weit entfernt. Nicht einmal der Himmel wollte greifbar sein und entzog sich seines Blickes. Wolken, schwarz und gefährlich zogen auf und verdunkelten den Tag, der eh schon so trostlos auf Torben wirkte. 
Sein Gemüt trübte sich mit dem Dunkel des Tages. Er saß auf einer Bank, starrte zu Boden und fragte sich, worin der Sinn des Lebens bestand. Mit seiner Hand rieb er sich über die schmerzenden Rippen, die jeden Atemzug zu einer Qual machten. Tränen hatte er schon lange keine mehr. Sie waren mit den Jahren aufgebraucht und versiegt. Zu viel hatte er geweint und nie hatte es jemand bemerkt, geschweige denn ihn in den Arm genommen und getröstet. Tränen brachten ihm weder Erleichterung, noch Zuneigung. Sie brachten nur noch mehr Schmerz, noch mehr Qualen, noch mehr blaue Flecken und Knochenbrüche.
Über ihm raschelten die Blätter in den Bäumen. Der Regen benetzte den Park und tränkte allmählich die Erde und er blieb sitzen, wo er war. Er fühlte, wie langsam seine Kleidung durchnässte, doch wo sollte er hin? Nach Hause? Unmöglich, dort wollte ihn keiner. Sie brauchten ihn nur, als Fußmatte, als Punchingball, an dem sie ihren Frust und ihre Wut auslassen konnten. Er hatte genug davon. 
Eine Leere umgab ihn, die undurchdringlich für in schien und wenn er glaubte, einen Lichtblick zusehen, wurde er eines Besseren gelehrt. Egal was er auch anfasste, was er er auch versuchte, am Ende ging immer etwas schief. Wieder und wieder zerstörten sie seine Träume.
Er wusste, dass er dringend Hilfe benötigte, doch er konnte nicht darüber reden. Wie sollte er seine Eltern verraten? Wie sollte er ihnen das antun? Es gab einen leichteren Weg und der versprach ihm, dass er schweigen durfte. Leider schwankte er in seinem Entschluss, allem ein Ende zu setzen. 
Schritte näherten sich ihm und jemand setzte sich zu ihm auf die Bank und hielt einen Regenschirm über ihn. Ein Arm legte sich um seine Schulter und zog ihn zu sich. 
»Du bist nicht allein«, flüsterte der zehn Jahre ältere. »Lass uns endlich dein Leid beenden. Ich kann es mir nicht länger mit ansehen.« 
Torben blickte auf und sah seinen Nachhilfelehrer an.
»Warum nicht?«, wisperte er, obwohl er die Antwort kannte.
»Weil ich dich gern hab. Weil du mir wichtig bist. Weil du mir viel bedeutest.« 
Torben kamen die Tränen, die er nicht mehr vermochte, hinunterzuschlucken. Er barg sein Gesicht an der Schulter seines einzigen Freundes und weinte zum ersten Mal nach Jahren. 
»Und wo soll ich hin? Wenn ich tue, was du möchtest, dann ...«
»Du kommst mit zu uns. Das Haus meines Vaters ist groß genug und er möchte, dass du es annimmst.« 
»Warum?« Torben schniefte und schluckte. 
»Weil er dich mag und weil er sich dann um dich keine Sorgen mehr machen muss.«
»Er macht sich Sorgen um mich?«, flüsterte Torben ungläubig. 
Der zehn Jahre ältere nickte. 
»Komm, lass es uns tun und dann kann dein Körper heilen und vielleicht heilt deine Seele mit der Zeit auch. Du bist nicht allein. Wir helfen dir.« 
Torben ließ sich von der Bank ziehen und folgte dem Mann aus dem Park und stieg in den Wagen ein, der am Straßenrand geparkt worden war. 
Manchmal tat er doch das Richtige. Auch wenn die SMS etwas zu heftig gewesen war, war sie verstanden worden. Er warf seinem Freund einen Seitenblick zu und hoffte, dass er jetzt endlich aus dem Alptraum erwachen durfte und ein ganz normaler Teenager sein konnte, wie alle anderen auch. Zumindest bekam er jetzt eine Chance. 

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